Kommt der Arbeitgeber zum Bewerber – Mitarbeitergewinnung heute
Richtig vorbereitet gelingt eine erfolgreiche Mitarbeitergewinnung
Du meinst Wasser fließt nicht bergauf? Aber was machst der Bauer, wenn sein Acker Wasser braucht? Richtig. Er verlegt eine Leitung und pumpt das benötigte Wasser aufs Feld.
Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Die Arbeitskraft ist ein Gut, welches kleiner und begehrter geworden ist. Der „War of Talent“ ist schon lange ausgebrochen. Mittlerweile betrifft dies nicht nur mehr qualifizierte Arbeitsplätze.
Mitarbeitergewinnung ist eine strategische Aufgabe und umfasst eine Fülle an Handlungsmöglichkeiten. Welche das sind, stelle ich dir hier vor.
„Ein Perspektivenwechsel kann helfen, die richtige Strategie zur Gewinnung von Arbeitskräfte zu finden.“
Ich lade dich als Personalverantwortliche/r ein, ein Bewerbungsszenario aus der Perspektive des Bewerbers durchzuspielen. Du kannst dabei prüfen, wie gut du auf ein Bewerbungsgespräch vorbereitet bist.
Unser Beispiel für einen Perspektivenwechsel:
Du bist Inhaber/in eines Malergeschäftes mit einem Team von 15 Mitarbeitenden. Es wird ein/e ausgebildete/r Malergeselle/in gesucht. Lass uns mal zwei Szenarien durchspielen, wie so ein Bewerbungsprozess ablaufen könnte.
Dein Bewerbungsanschreiben
Selbstverständlich schickst du dem Bewerber eine Unterlage zu, aus der er entnehmen kann, wer du bist und was du machst.
Wie beschreibst du darin dein Unternehmen?
Etwa so?
Variante 1: Wir sind ein renommiertes Familienunternehmen, das seit zwei Generationen erfolgreich für unsere Kunden da ist. Wir übernehmen aller Malerarbeiten rund und im Haus. Unsere Kunden empfehlen uns gerne weiter, weil sie unsere hohe Qualität und Zuverlässigkeit schätzen.
Oder so?
Variante 2: Wir bringen Farbe ins Leben. Dabei ist die Natur unser Vorbild. Jedes Objekt ist für uns einzigartig, so wie wir. Unsere Kunden teilen unsere Leidenschaft für ein natürliches Wohnen und schaffen mit unserer Hilfe ein Wohnklima zum Wohlfühlen.
Wie beschreibst du die Stelle, die der Bewerber besetzen soll?
So?
Variante 1: Wir suchen einen motivierten Malergesellen mit abgeschlossener Malerausbildung. Unsere Mitarbeitenden arbeiten mit modernster Ausstattung und Arbeitssicherheit wird bei uns groß geschrieben. Die Arbeitszeiten können nach Absprache flexibel gestaltet werden, dabei erwarten wir eine selbstständige Arbeitsweise. Nach der Einarbeitung arbeiten sie eigenverantwortlich im Team. Eine spätere Objektleitung mit Führungsverantwortung ist nicht ausgeschlossen. Wir freuen uns über einen Terminvorschlag für ein persönliches Gespräch in unserem Haus.
Oder so?
Variante 2: Gestalten mit Farbe ist dein Handwerk? Mit deiner Kreativität und Gestaltungsfreude möchtest du andere Menschen bereichern? Du lässt dich gerne inspirieren und fühlst dich in einem Team mit Gleichgesinnten wohl? Dann bist du bei uns genau richtig. Wir möchten uns von dir und deiner Leidenschaft anstecken lassen und unsere Vision eines natürlichen Lebens mit Farbe weiter verfolgen. Wann dürfen wir uns kennen lernen? Gerne laden wir dich ein, um von unseren Projekten zu berichten.
Sollte dein Bewerbungsschreiben Interesse geweckt haben, folgt das Bewerbungsgespräch. Auch hier skizzieren wir zwei Beispiel-Varianten.
Das Bewerbungsgespräch
Das Entscheidungskriterium für einen erfolgreichen Bewerbungsprozess ist die Übereinstimmung zwischen dem, was angeboten wird und dem was gesucht wird. Dabei entscheiden nicht die Fakten, wie oft vermutet wird. Denn wenn das so wäre, bräuchte es keine Bewerbungsgespräche. Also scheinen andere Faktoren den Ausschlag zu geben. Doch welche sind das? Darauf gehen wir jetzt ein wenig genauer ein.
Eins vorweg: Das Bewerbungsgespräch ist eine Momentaufnahme. Es wird beeinflusst durch die Persönlichkeit des Bewerbers und sein wahrnehmbares Auftreten. Das eine entsteht durch einen Entwicklungsprozess und mündet in dem Bewusstsein über sich selbst. Das andere ist dann die praktische Umsetzung, die sich aus diesem Bewusstsein ergibt.
Wer bist du und was willst du?
Diese Frage hat zwei Komponenten. Eine organische und eine menschliche. Die organische beschreibt die Organisation und Struktur des Unternehmens. Sie bezieht sich auf objektiv wahrnehmbare Fakten. Die menschliche geht auf die Kultur des Unternehmens ein und bezieht sich auf die „weichen“ Faktoren.
Auf beide Faktoren solltest du authentisch im Bewerbungsgespräch eingehen.
Wie könnte ein Bewerbungsgespräch in unseren zwei Varianten ablaufen?
Die menschliche und organische Seite des Unternehmens bei Var. 1
Bei Variante 1 spielt die menschliche Seite des Unternehmens keine so große Rolle. Klar, existiert sie. Aber sie wird von dir nicht sonderlich betont. Die Grundhaltung ist: Menschen sind wie sie sind. Sie werden nachdem bewertet, was sie leisten und das wird honoriert. Für die Weiterentwicklung ist jeder selbst verantwortlich. Fördern durch fordern.
So stellst du dein Unternehmen in seiner Entwicklung dar. Aus dem kleinen Unternehmen, dass dein Vater gegründet hat, ist es durch Fleiß und Einsatz stetig gewachsen. Als du in das Unternehmen eingestiegen bist, hast du deine Möglichkeiten genutzt, um mit modernen Mitteln, den Betrieb zu vergrößern. Damit hast du es auf eine sichere wirtschaftliche Basis gestellt. Diesen Weg willst du jetzt fortsetzen und suchst nach Mitarbeitenden, die sich in deinem Sinne einsetzen. Du zeigst deinem Gegenüber, welche Mittel das sind, mit denen du die Zukunft des Unternehmens gestalten willst. Du beschreibst das Tätigkeitsfeld und bietest jegliche Unterstützung an, die er braucht, um seine Aufgaben zu bewältigen. Erfolg ist das was zählt und von dir anerkannt wird.
Du führst die Person durch den Betrieb und zeigst anhand von laufenden Projekten, wie diese umgesetzt werden. Am Schluss listest du alle Bestandteile des Arbeitsvertrages auf. Du betonst deine Leistungen und deine Bereitschaft, bei entsprechender Motivation die Person am Erfolg teilhaben zu lassen.
Damit vermittelst du insgesamt deinem Gegenüber den Eindruck, dass es dir um Ergebnisse geht, die Mitarbeitende mit ihrer Fachkompetenz erbringen sollen.
Die menschliche und organische Seite des Unternehmens bei Var. 2
Da du ein kleineres Unternehmen führst und die Hauptbezugsperson für die Mitarbeitenden bist, stellst du dich mit deinen Charakterstärken, Motiven und Werten, die dich leiten, vor. Auch auf die Fragen, wozu du das Unternehmen führst und was deine Mission und Vision ist, solltest du gut vorbereitet sein.
Hättest du ein größeres Unternehmen, wo neben dir als Firmeninhaber auch Mitarbeitende Kontakt mit Partnern und Kunden haben, würdest du die Unternehmensvision und die Werte, die dem Handeln zugrunde liegen beschreiben. Eine Leitfrage bei deinen Ausführungen ist dabei: Welchen Sinn und Zweck erfüllt das Unternehmen und wie möchte das Unternehmen von außen wahrgenommen werden?
Spätestens jetzt zeigt sich, ob das Bewerbungsanschreiben von dir stammt oder ob vielleicht eine Marketingagentur dahinter steckt. Denn dein Gegenüber merkt schnell, wie authentisch du ihm das Unternehmen und dein Stellenangebot präsentierst.
Welche organischen Komponenten machen dein Unternehmen einzigartig?
Da du dich sicherlich nicht über den Preis verkaufen willst, sprich deine Leistungen nicht das ausschlaggebende Entscheidungskriterium sein sollten, gibst du deshalb möglichst viele praktische Beispiele, an dem dein Gegenüber den Geist des Unternehmens erkennen kann.
Zwischenbemerkung: Dem Interessenten jetzt zu sagen, dass du nach Tarif zahlst und zusätzlich auch noch Weihnachtsgeld gibst, ist in etwa so, als wenn ein Autoverkäufer erwähnt, dass das Auto über einen Airbag verfügt und zusätzlich noch einen Abstandswarner hat.
Bleiben wir bei unserem Beispiel des Malergeschäftes und der zweiten Variante des Bewerbungsschreiben, das übrigens nicht von einer Marketingagentur erstellt wurde, sondern von dir und deinem Team entworfen wurde.
In diesem Fall schilderst du weiterhin deinem Gegenüber, wie das Unternehmen entstanden ist und was dazu geführt hat, dass es sich jetzt so typisch darstellt. Du erzählst ihm von deiner Neugierde an alten Häusern und Naturmaterialien, die Menschen vor vielen Jahren benutzt haben, um ihr Haus damit bewohnbar zu machen. Das du an Seminaren teilgenommen hast, um die alten Handwerkstechniken kennen zu lernen und diese Fähigkeiten nach und nach an deine Mitarbeitenden weitergegeben hast. Und dass du damit auch bei ihnen ihr Interesse geweckt hast.
Du kannst ihm auch beispielsweise erzählen, dass du nach Fertigstellung eines Objektes, den Kunden einlädst, bei dir einen Kurs zu besuchen, damit er lernt, wie er den Zustand der von dir durchgeführten Arbeit möglichst lange erhalten kann. Dann kannst du auch noch vom dem jährlichen Betriebsfest berichten, zu dem du neben deinen Mitarbeitenden selbstverständlich auch deren Familien und sogar deine Kunden einlädst.
Als wenn es das natürlichste der Welt wäre, schilderst du ihm dann noch, dass die Mitarbeitenden den Inhalt der Broschüre, die du ihm geschickt hast, selbst entwickelt haben. Dass sie sich in regelmäßigen Abständen zusammensetzen, um über neue Ideen zu sprechen, wie sie das Geschäft weiterentwickeln können.
Übrigens führst du das Gespräch nicht in deinem Büro am Schreibtisch, sondern in einem Raum im Nebengebäude, der speziell für Kreativarbeit genutzt wird. Es handelt sich um einen alten Kotten, mit einem verglasten Scheunentor mit Blick ins Grüne.
Was glaubst du, welchen Eindruck die Person bekommt, mit dem du dieses Gespräch führst?
Nachdem du der Person die menschliche und organische Komponente, also vergleichbar mit der Seele und dem Geist des Unternehmens, vorgestellt hast, folgt der Teil des Gespräches, indem es um die Dinge geht, die du für dein Unternehmen und seiner Existenz brauchst. Du sprichst mit ihm über seine fachlichen Kompetenzen, seiner Bereitschaft und seinem Willen, Dinge, die aus dem Unternehmens-Geist entstehen, in reale Objekte zu übertragen. Zum Schluss geht es um den Wert, dem du diesen Dingen beimisst, also welches Gehalt und vergleichbare Leistungen du bereit bist, dafür zu geben.
Ziemlich abgefahren?
Der Arbeitsmarkt erfordert vom Arbeitgeber alles
„Alles zu geben, bedeutet aber nicht mehr von dem gleichen.“
Bei der ersten Variante werden Mitarbeitende gesucht, die bereit sind Zeit und Leistung gegen Geld zu tauschen. Also das klassische Modell eines Arbeitsverhältnisses, dass seinen Ursprung im Zeitalter der Industrialisierung hatte und sich bis heute kaum verändert hat. Dieses Modell zieht Menschen an, die in ihrer Arbeit vornehmlich eine Methode des Geldverdienens sehen.
Diese teilen sich in zwei Gruppen. Die einen, die dies auf möglichst effiziente Art und Weise tun und die anderen, die ehrgeizig und motiviert sind in ihrem Beschäftigungsverhältnis einen gewissen Status zu erlangen mit dem sie höhere Gehaltsstufen erreichen.
Beiden Gruppen musst du als Arbeitgeber immer wieder neue Anreize – meist in materieller Form – geben, um sie als Mitarbeitende für dich und dein Unternehmen zu gewinnen und zu halten.
Dieses Prinzip der Mitarbeitergewinnung und -bindung ist schon lange umstritten, weil
- weil die Anreize kontinuierlich gesteigert werden müssen, um die gleiche Wirkung zu erzeugen,
- ab einer bestimmten Gehaltshöhe die materiellen Anreize verpuffen und
- weil die Bindung zum Unternehmen, wenn überhaupt nur auf der organischen Ebene existiert.
Da der finanzielle Spielraum für Anreize in den Unternehmen immer kleiner wird und der Personalmangel den Bewerbern den Vorteil der Auswahl verschafft, musst du als Arbeitgeber „mehr Wert“ geben.
Als Arbeitgeber musst du Mehr-Wert geben.
Die Tatsache, dass die meisten Mitarbeitenden nicht wegen des Geldes bei ihrem Arbeitgeber arbeiten, zeigt, wie wichtig es ist, andere Faktoren in den Vordergrund zu stellen.
Dies sind die Erfüllung aller Bedürfnisse im gleichen Verhältnis. Nur „gutes Geld“ zu verdienen, ohne das Bedürfnis nach Sicherheit und Autonomie bei der Arbeit zu erfüllen, wird keinen Menschen veranlassen, dich als Arbeitgeber zu wählen. Auch wenn er merkt, dass er sich bei dir nicht weiterentwickeln kann, wird er sich schnell nach etwas anderem umschauen.
Welche Bedürfnisse der Mitarbeitende sich bei der Arbeit erfüllen möchte
Mag sein, dass dies nicht für alle Arbeitnehmer gilt. Möglicherweise findest du auch heute noch Mitarbeitende, für die diese Faktoren scheinbar keine Rolle spielen. Dann hast du Glück, aber sehr wahrscheinlich sind deine Personalkosten dann auch wirkliche Kosten und keine Investitionen, die einen Mehr-Wert liefern.
Das musst du tun, um Mehr-Wert zu generieren:
Biete deinen Mitarbeitenden die Möglichkeit
- ihre fachlichen Kompetenzen einzusetzen und zu erweitern
- ihre menschlichen Charaktereigenschaften auszuleben
- ihre persönlichen Wünsche und Ziele durch ihre Arbeit zu erfüllen
- einen Sinn für ihre Arbeit aus der Unternehmensvision abzuleiten
Wie kann dir das gelingen?
Zeige ihm eindrucksvoll, wie wichtig ihm deine Arbeit ist. Beschreibe ihm nicht nur deine Vision, zeige ihm wie du sie lebst. Zeige ihm, welche Strategie und welche Systeme daraus entstanden sind.
Ob du damit den Mitarbeitenden gewinnst, hängt davon ab, ob er
- dies als authentisch wahrnimmt
und ob er
- für sich seinen Nutzen darin erkennt.
Das zweite liegt nicht in deiner Hand, aber im ersten Fall kannst du einiges tun.
Und das lohnt sich gleich mehrfach!
Denn eine Mitarbeitergewinnung, die sich auf das ganze Spektrum menschlicher Fähigkeiten und Kompetenzen ausrichtet, vergrößert die Chance, den richtigen Bewerber zu finden.
Ein gutes Praxisbeispiel für eine strategische Mitarbeitergewinnung wird in diesem Video vorgestellt
Deine Möglichkeiten für eine erfolgreiche Mitarbeitergewinnung
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